Von Amor bis Tinder von Geraldine Oetken
Die Kunsthalle Bremen bringt das Thema Onlinedating erstmals ins Museum.
Wie hat sich unsere Vorstellung von der Liebe im Laufe der Jahrhunderte verändert?
Die
Ausstellung "What is Love" ist bis zum 21. Oktober zu sehen.
Alte Liebe und Onlinedating
In der Kunsthalle Bremen treffen bis zum 21. Oktober alte Meister auf junge Multimedia-Installationen - insgesamt 60 Arbeiten. Die ältesten Gemälde und Skulpturen aus der Sammlung stammen dabei aus dem 16. Jahrhundert. Gezielt will die Ausstellung mit bunten Wänden und Sprüchen aus Popsongs auch die junge Zielgruppe ansprechen.
Adam und Eva - Amor und Venus Urpaare
Den Urpaaren ist ein Kapitel der Ausstellung gewidmet. Die mythischen Paare wie das Götterpaar Amor und Venus oder Adam und Eva sind in trauter Zweisamkeit dargestellt. Es gibt nur ein binäres System: Frau und Mann.
Mein Haus, meine Familie, meine Katze
Mein Haus, meine Familie, meine Katze
Mein Haus, meine Familie, meine Katze
"Bis zum 18. Jahrhundert war das Konzept von Partnerschaft und Liebe sehr statisch. So wurden auch in der Kunst vor allem der gesunde Nachwuchs, die glückliche Familie gezeigt. "
- Jasmin Mickein, Kuratorin der Ausstellung -
Und heute?
Zeitgenössische Künstler zeigen in der Ausstellung Protokolle aus Online-Chats. Andere hinterfragen die Dating-App Tinder.
Das folgende Video zeigt die Arbeit „<3“ von Katharina Dacrés, Lena Hein und Jakob Weth. Ein Paar trägt hier Protokolle aus einem Onlinechat vor: Frau und Mann sitzen sich am leeren Tisch gegenüber. Es wird viel geschwiegen. Die Distanz zwischen dem Paar bleibt spürbar, auch wenn sie sich direkt gegenübersitzen.
Tinder-Märchen Die indische Künstlerin Indu Harikumar erzählt Geschichten vom Onlinedating
Harikumar sammelt Geschichten vom Onlinedating. Diese illustriert sie mit kleinen Zeichnungen. Die können zum Beispiel von Edvard Munch inspiriert sein.
In der Ausstellung erzählt die Künstlerin von einem Happy End, einem One-Night-Stand, dem Schwur, Tinder für immer abzuschalten, und einer tragischen Romanze. Für die Liebe im Netz gibt es nicht das eine Rezept.
Die Liebe in Zeiten des Onlinedatings
Ein Roborterfinger wischt alle Nutzerprofile, die ihm unters Smartphone-Glas kommen, nach rechts. Der Plastikfinger wird von einem kleinen Motor angetrieben. Wer bei der Dating-App Tinder nach rechts wischt, signalisiert damit Interesse an einem Profil. Der Roboterfinger will also alle potenziellen Partner kennenlernen.
Ein Wisch und weg
Ein Wisch und weg
Onlinedating hat unsere Vorstellung vom Liebeswerben grundlegend verändert, teils entromantisiert und zweckorientiert. Die schnelle Entscheidung für oder wider einen potenziellen Partner passt zu einer beschleunigten Gesellschaft. Das lässt sich auch an den Geschäftszahlen der Dating-App Tinder ablesen. Der Konzern hat gerade verkündet, dass sich der Umsatz dieses Jahr auf 800 Millionen Euro verdoppelt. Das Unternehmen tritt auch als Sponsor der Bremen Ausstellung auf.
Ausstellung mit Instagram-Konzept
Die Erklärtafeln an den Wänden sehen aus wie Tinder-Profile. Neben einem Foto, zum Beispiel Amor, steht der Name, das Alter und eine Beschreibung des Werks. Die gesamte Ausstellungsästhetik soll nach Wunsch der Kuratorin Jasmin Mickein "instagramable" sein - also gut auf Fotos der Plattform Instagram aussehen.
"Although my heart is falling too, I'm in love with your body"
Dieses Zitat von Ed Sheeran ist dem Bild "Der Mandolinenspieler" gegenüber gestellt. Aber eigentlich passt das nicht: die Geschichte einer Bar-Bekanntschaft und eine intime Familienszene.
Das Instagram-Konzept will Kunst und Ausstellung der Generation der Twentiesomethings zugänglich machen - aber würde das Thema Liebe, zu dem doch jeder einen Zugang hat, dafür nicht reichen? Braucht es das Profilbild und die hübschen Sprüche an der Wand?
Die Zahlen der ersten Ausstellungstage geben dem Konzept jedoch recht: Normalerweise sind die Besucher der Kunsthalle durchschnittlich 55 Jahre alt, diesmal sind etwa 30 bis 40 Prozent jünger als 30.
Credits
Ausstellungsansichten: Melanka Helms
Tom Wood, B&W Kiss, 1982
Carl Friedrich Demiani, Familienbild, 1806
Carle (Charles André) van Loo, Venus und Amor, um 1740/45
Adriaen Isenbrant (Ysenbrant), Adam und Eva, um 1520
Film: Katharina Dacrés/ Lena Heins/ Jakob Weth, <3, 2018
Edvard Munch, Der Kuss, 1895
Indu Harikumar, Instant Connection aus der Serie 100 Indian Tinder Tales, 2016
Anselm Feuerbach, Mandolinenspieler, 1868