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Lichtblicke – made in Afrika

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Von Wolfgang Drechsler/RND

Wenn sogar Mark Zuckerberg beeindruckt ist, dann muss doch was dran sein. Fast schwärmerisch hat der Facebook-Gründer die unternehmerische Energie besungen, die er bei seiner Afrikareise verspürt hat: „Wenn die Welt diese Leidenschaft eines Tages entdeckt, wird Afrika die Welt verändern.“

Bis zur afrikanischen Weltrevolution könnte es jedoch schon deshalb noch etwas dauern, weil der Besuch des selbst ernannten Weltverbesserers aus Kalifornien im September vergangenen Jahres von einem herben Rückschlag überschattet wurde: Im US-Raumfahrtzentrum Cape Canaveral explodierte Facebooks erster Satellit. Dieser Zuckerberg-Satellit sollte entlegene Regionen Afrikas mit freiem Internet versorgen – und dort vor allem Kleinunternehmern Anschub auf dem Weg in die Selbstständigkeit geben.

Jetzt backt der Selfmade-Milliardär erst einmal kleinere Brötchen und treibt ein Drohnenprojekt voran. Dies soll nicht nur schnelles Internet, sondern auch andere Dienstleistungen offerieren. Nur: Zuckerberg ist längst nicht der Einzige, der das Potenzial des Schwarzen Kontinents entdeckt hat.

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    Die Konkurrenz kommt aus dem heimischen Silicon Valley, Zipline zum Beispiel. Das mit viel Risikokapital ausgestattete Start-up will mit kleinen, unbemannten Lieferdrohnen medizinische Ausrüstung in schwer zugängliche Regionen fliegen. Das deutsche Start-up Mobisol will Drohnen nutzen, um Ersatzteile für Solaranlagen in entlegene Teile Tansanias und Ruandas zu schaffen. Fortschritt durch Digitalisierung, Überflieger statt Straßen: Visionäre glauben, dass Afrika eine einzigartige Chance hat. Der Kontinent könne, so heißt es, ganze Entwicklungsstufen auslassen, Technologien einfach überspringen. Investoren und Gründer lassen sich mitreißen von einem Optimismus, der sich aus schier unerschöpflichem Erfindungsreichtum speist. Pessimisten glauben eher, dass es die Not ist, die erfinderisch macht. Sie zweifeln daran, dass Mobiltelefone, Solarmodule und Drohnen das Fehlen von Banken, Kraftwerken oder Straßen tatsächlich kompensieren können. Sie verweisen darauf, dass Hunger, Gewalt und Korruption nach wie vor allgegenwärtig sind. Das stimmt. Aber es stimmt eben auch, dass an allen Ecken und Enden Lichtblicke aufblitzen.

    Und es sind nicht nur mutige Entrepreneurs, die nicht länger auf helfende Hände warten und einfach loslegen. Sondern es sind auch ganze Staaten. Der beeindruckendste unter ihnen: Ruanda.

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    „Ich habe mich oft gefragt, warum der Westen mehr Interesse hat, uns Hilfe zu schicken, statt fairen Handel mit uns zu treiben“, sagt Präsident Paul Kagame. „Der freie Austausch von Waren würde viel mehr Geld in den Händen der Menschen lassen als jede Hilfe.“

    Kagame, der in diesem Jahr dank einer Verfassungsänderung zum dritten Mal als Präsidentschaftskandidat antritt, gilt den Ruandern als „aufgeklärter Despot“. Er regiert mit harter Hand. Aber selbst Kritiker gestehen ihm zu, dass Ruanda, vor 20 Jahren zerstört vom grausamsten Völkermord seit dem Holocaust, eine in Afrika einzigartige Metamorphose vollzogen hat.

    Unerbittlich verfolgt der einstige Rebellenführer seine „Vision 2020“: In den nächsten drei Jahren soll der Zwergstaat im Herzen Afrikas den Sprung vom Agrar- zum Hightech-Land geschafft haben. In der Hauptstadt Kigali werden dazu heute überall neue Funkmasten errichtet und Glasfaserkabel verlegt, freies Internet gibt’s in jedem größeren Café. Noch der letzte Winkel des Landes soll mit dem Rest der Welt verbunden werden. Nahe Kigali hat Kagame eine Sonderwirtschaftszone eingerichtet und innerhalb eines Jahres ausländische Direktinvestitionen um 78 Prozent erhöht. Spitzenreiter bei den Investoren: Mauritius, die Schweiz, die USA und Luxemburg. Innovationsfreudige Ruander selbst können heute innerhalb von 48 Stunden ein Geschäft anmelden, online – ohne Schmiergeld für eine korrupte Bürokratie.

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    In vieler Hinsicht ist Ruanda mit seinen 12 Millionen Menschen Vorreiter des Kontinents: Während fast überall in Afrika die Urwälder abgeholzt werden, ist der Anteil der Waldfläche in Ruanda seit 1994 um mehr als ein Drittel gestiegen. Das beschert Touristen, die Gorillas sehen wollen, und schützt vor allem vor Erosion und Überweidung. Das mit Abstand am dichtesten besiedelte Land des Kontinents kann sich dank dieser vorausschauenden Politik heute selbst ernähren.

    Paul Kagame bewundert die asiatischen Tigerstaaten Südkorea und Singapur – „für ihre Entwicklung und dafür, dass sie intensiv in ihre Menschen und in Technologie investiert haben“. Praktisch alle ruandischen Kinder gehen heute zur Schule. Und der Weltbank gilt Ruanda heute als Staat mit dem investorfreundlichsten Klima Afrikas.

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    Sie sind jung, clever, afrikanisch – und reich. Sie haben sich ihren Reichtum selbst erarbeitet. „Generation Cheetah“, Generation Gepard, nennen sie sich selbst. Schnell und immer auf der Hut. Leute wie Dennis Makori gehören dazu: Grundschule unter einem Baum in Westen Kenias, zum ersten Mal elektrisches Licht angeknipst mit 13, den ersten Computer gesehen im Elektronikstudium – und nie wieder zurückgeschaut. „An diesem Computer entdeckte ich, dass ich ein verborgenes Talent hatte, Probleme durch Programmieren zu lösen“, sagt der 37-Jährige. Makori gründete 2010 Onfon Media, einen IT-Dienstleister, der heute in fünf afrikanischen Ländern mehr als zehn Millionen Kunden hat. Makori selbst ist mit einem Jahresumsatz von rund 5 Milliarden Euro Multimillionär und Arbeitgeber für rund 3000 Menschen, fährt BMW, trinkt französischen Rotwein und hat seine Wurzeln nie vergessen: „Ich war arm, also habe ich hart gearbeitet.“

    Es gibt einen Ort in Afrika, der ist voll von solchen Menschen: der iHub im Herzen der kenianischen Hauptstadt Nairobi. In der Ngong Road entstand 2010 in einem alten Einkaufszentrum die Keimzelle der digitalen Revolution Afrikas. Ein Innovationszentrum ist daraus geworden, Hunderte Start-ups sind hier gegründet worden. Sie alle erfinden gegen den Mangel an. Gegen den Mangel an Infrastruktur, an Fachkräften, an staatlicher Organisation. Das Bezahlsystem M-Pesa, das Überweisungen per Handy ermöglicht, wurde hier geboren, iCow, eine App, die Viehzüchter über Marktpreise und drohende Seuchen informiert, Lernapps für Kinder, ein mobiler Router mit eingebauter SIM-Karte und Akku, der einen Stromausfall übersteht – kurz, afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme.

    Seit Februar residieren die Nerds in schickeren, größeren Räumen. Sie können es sich leisten. In Kenia trägt der IT-Sektor schon jetzt mehr als 5 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei. Weltkonzerne wie Google, Microsoft und Facebook haben sich rund um den Hub angesiedelt. Der nennt sich in Anspielung auf das kalifornische Vorbild nun stolz Silicon Savannah.

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    Der Ziegenhirte im äthiopischen Hochland trägt einen Rucksack, der von oben bis unten mit Solarpaneelen besetzt ist. Wenig später laufen Schulkinder vorbei – auch sie mit Solarrucksäcken. Mit jedem Schritt erzeugen der Hirte und die Kinder Energie.

    „Soular“ ist die Erfindung der 24-jährigen Südafrikanerin Salima Visram. Die Sonnenenergie, die die Kinder auf ihrem oft stundenlangen Schulweg über die Paneele sammeln, spendet ihnen abends Licht zum Lernen. Ganz einfach. Und genial.

    Alle reden von der digitalen Revolution – aber viele vergessen, dass jedes Handy, jeder Router, jeder Computer nichts ist ohne Strom. Und den haben die wenigsten in Afrika. 620 Millionen Menschen, die Hälfte der Afrikaner, gelten als „energiearm“. Das ostafrikanische Äthiopien setzt jetzt mit einer Doppelstrategie dagegen: mit dem langfristigen Ausbau einer Energiewirtschaft, die die rasante Industrialisierung des Landes ausschließlich mit erneuerbaren Energien absichern soll und mit einer Zwischenlösung, die Licht in jede Hütte bringt. Damit macht Äthiopien genau das, was der einstige UN-Generalsekretär Kofi Annan jüngst in einem Expertenbericht gefordert hat: Der erste Schritt zur Elektrifizierung Afrikas ist der Zugang zu Solaranlagen. Und zwar unabhängig von großen Verteilernetzen, deren Aufbau Jahrzehnte braucht.

    Äthiopien hat die deutsche Stiftung Solarenergie – halb gemeinnützig, halb privatwirtschaftlich – dafür ins Boot geholt. Im Dorf Rema hat diese ihr bislang größtes Solarprojekt aufgebaut und damit das Wirtschaftsleben in der ganzen Region spürbar angekurbelt. Auch zehn Gesundheitsstationen haben Solaranlagen für Licht und Medikamentenkühlung erhalten. Wo in den Hütten gerade noch Kerosinlampen flackerten, strahlt heute das bläuliche Licht der LED-Leuchten. Auch das ein Wirtschaftsfaktor: 72 Dollar im Jahr gibt eine Familie bislang für Kerzen oder Kerosin aus – bei einem Jahreseinkommen von 550 Dollar. Eine Solarlampe kostet weniger als 5 Dollar. Und die Kinder liefern die Energie frei Haus.

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    Nirgendwo auf der Welt ist es leichter, eine Rechnung zu bezahlen, als in Afrika. Ohne Bargeld, Kreditkarte, Cashkarte – einfach mit dem Telefon. Es muss nicht einmal ein cleveres Smartphone sein, die simple Variante mit Prepaid-Karte genügt. Die mobile Geldbörse ist alles, was ein ganzer Kontinent braucht, um seine Finanzgeschäfte zu erledigen. In Subsahara-Afrika (ohne Südafrika) sind nur 30 Millionen Kontokarten im Einsatz – aber 150 Millionen mobile Geldbörsen, mit einem geschätzten Inhalt von 90 Milliarden Dollar. Als „Banken“ für Ein- und Auszahlungen fungieren Tankstellen, Kioske, Handyläden.

    Die Idee ist nicht originär afrikanisch – ein erstes mobiles Überweisungssystem gab es 2001 auf den Philippinen –, aber niemand hat es so zur Perfektion gebracht wie afrikanische Unternehmer. Und niemand hat die simple Idee, Menschen ohne eigenes Bankkonto den Transfer und Empfang von Geld zu ermöglichen, derart global weitergedacht wie Dare Okoudjou aus dem Benin. Vor sechs Jahren hat er auf der Insel Mauritius die Plattform MFS Africa für mobile Finanztransaktionen gegründet, die regionale und lokale Anbieter verknüpft – und damit den Weltmarkt für rund 60 Millionen Menschen in 17 afrikanischen Ländern öffnet. Das hat Auswirkungen bis nach Deutschland. Mit einer SMS und einer PIN können Okoudjous Kunden Geld mit Menschen außerhalb ihres eigenen Landes und eigenen Netzwerkes wie M-Pesa oder Tigo Cash austauschen. Menschen, die in die Stadt gezogen sind, unterstützen auf diese Weise ihre Familien auf dem Land. Sie beziehen ihren Lohn, bezahlen ihre Miete, sparen, nehmen einen Kredit auf – in Ländern, in denen mangels Banken nicht einmal ein Drittel der Bevölkerung ein Girokonto hat.

    Und: Hunderte Milliarden Euro werden jedes Jahr von Migranten in ihre Heimatländer überwiesen. Die privaten Geldtransfers spielen eine riesige Rolle bei der Armutsbekämpfung, sie sind heute dreimal so hoch wie die offizielle Entwicklungshilfe aller Mitgliedsländer der OECD zusammen. Dank Leuten wie Okoudjou kommen sie garantiert an.

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    Die Welt hungert – nach Cashewkernen. Um rund 10 Prozent steigt der weltweite Konsum jährlich. Im Westen Afrikas setzen Hunderttausende Bauern auf bescheidenen Wohlstand dank des Cashew-Booms. Eine, die schon heute vom Geschäft mit den nussigen Kernen profitiert, ist Victoria Ataa aus dem ghanaischen Dorf Congo: „Diese Bäume haben mein Leben verändert. Sie haben mich zu einer glücklichen Frau gemacht.“ Vor Jahren entdeckte Ataa, dass selbst Dürrezeiten den ausladenden Bäumen kaum etwas anhaben. Dass die in Afrika nicht allzu beliebten Kerne in Europa oder Asien begehrte Ware sind, wusste die Frau da noch nicht. Erst der Vorsitzende der Vereinigung der Cashew-Bauern gab den entscheidenden Tipp. Vor 14 Jahren gehörte Ataa, die bis dahin in Plastikbeutel abgefülltes Wasser am Straßenrand verkauft hatte, zu den Pionierinnen eines neuen Industriezweigs. Die meisten Bauern hatten da noch keine Ahnung, an wen sie ihre Ernte zu welchem Preis verkaufen konnten.

    Um das buchstäblich auf den Feldern vergammelnde Potenzial zu nutzen, wurde 2009 die Competitive Cashew Initiative ins Leben gerufen, die Bauern berät, wie sie durch bessere Anbau-, Ernte- und Lagermethoden ihre Erträge steigern können. 400 000 Landwirte hat die Initiative auch mit deutscher Hilfe und der Bill & Melinda Gates Foundation in Westafrika bereits gefördert – unter ihnen Victoria Ataa. „Früher habe ich fünf bis acht Säcke geerntet, in diesem Jahr waren es 16“, berichtet die 66-Jährige stolz. 600 000 Tonnen Cashewkerne exportiert Ghana heute, die Kleinbauern erwirtschaften damit einen erheblichen Teil des Bruttosozialprodukts. Aus erfolgreichen lokalen Kooperativen ist ein Zukunftsprogramm geworden. Arbeitslose Jugendliche drängt die Regierung jetzt, zurück aufs Land zu gehen und Farmer zu werden. Victoria Ataa weiß, dass es sich lohnt. Ihre Einnahmen haben sich in zehn Jahren verzehnfacht, sie hat ein Haus gebaut, Kühe gekauft und ihren ältesten Sohn zum Landwirtschaftsstudium nach Accra geschickt. Auch er mischt fleißig im Cashew-Geschäft mit.

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    In den Industrieländern redet man noch – im kleinen Ruanda hat das Zeitalter des kommerziellen Drohnenverkehrs bereits begonnen. Das hat viel mit den geografischen Gegebenheiten im „Land der 1000 Hügel“ zu tun, viel mit der katastrophal schlechten medizinischen Versorgung der Menschen in Dörfern, zu denen keine Straßen führen – und ganz viel damit, dass Präsident Paul Kagame kurz entschlossen verkündet hat: Wir halten uns nicht lange mit Regularien auf, wir machen das. „Das“ ist der Einsatz von Drohnen. In den Kriegsgebieten dieser Welt töten sie Menschen. In Ruanda sollen sie Leben retten.

    Im Oktober hat die Regierung von Ruanda einen Vertrag mit dem US-amerikanischen Start-up Zipline geschlossen. Dessen Drohnen fliegen seither im Notfall Blutkonserven zu Verletzten oder blutenden Schwangeren in die abgelegensten Dörfer, dorthin, wo solche Patienten bislang kaum eine Überlebenschance hatten. Die GPS-gesteuerte Drohne muss nicht landen: Sie lässt die Kühlbox mit dem Blutplasma an einem kleinen Fallschirm niedersinken – und ein Mediziner aus dem nächsten Gesundheitszentrum nimmt es in Empfang. Die Drohe dreht gleich wieder um, 150 Kilometer schafft sie am Stück, bei einer Geschwindigkeit von bis zu 130 Stundenkilometern. Was das bedeutet, wissen nur Einheimische wie der Distriktsarzt Jeremy Murigande aus dem bergigen Norden des Landes zu schätzen: „Von unserer Klinik zur nächsten Blutbank sind es vier Stunden über Schotterstraßen – bis wir Konserven geholt haben, ist der Patient tot.“

    150 Lieferungen kann Zipline in dieser ersten Testphase täglich übernehmen. Der nächste Schritt ist schon geplant. Demnächst sollen auch andere lebenswichtige Medikamente angeflogen kommen – und Präsident Kagame lässt den ersten Drohnenflughafen der Welt bauen. Das Design stammt vom britischen Stararchitekten Norman Foster. Dessen Stiftung plant übrigens Großes: Bis 2030 soll jedes Landstädtchen in Afrika so einen Drohnen-Hafen haben – und alle Menschen sollen sicher und schnell mit Medizin versorgt werden.

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    Wer hätte erwartet, dass die innovativste App des Jahres 2017 aus Nigeria kommen würde? Zumindest nach Überzeugung der Jury des Global Mobile World Awards, einer Art Oscar der Telekommunikationsbranche, der jährlich auf dem Mobile World Congress in Barcelona verliehen wird. Sliide Airtime heißt die Smartphone-Anwendung, die eines der gravierendsten Fortschrittshemmnisse in Entwicklungs- und Schwellenländern beheben will: unzureichenden Internetzugang für Hunderte Millionen Menschen. Dabei ist die technische Infrastruktur im Zeitalter weit ausgebauter Mobilfunknetze auch in vielen Regionen Afrikas längst nicht mehr die entscheidende Hürde. Zumeist kommen die Menschen schlicht nicht ins Netz, weil sie das Datenvolumen nicht bezahlen können.

    Die Alliance für Affordable Internet (A4AI), eine Unterorganisation der „Internetregierung“ World Wide Web Foundation, legt in ihrem jüngsten Erschwinglichkeitsbericht offen, dass das Internet noch längst kein demokratisches Medium ist: „Über vier Milliarden Menschen sind noch heute offline, die meisten von ihnen Frauen, die meisten in den Entwicklungsländern und die meisten, weil sie es sich nicht leisten können“, stellt der Bericht fest. Demnach kostet ein Datenvolumen von nur einem Gigabyte einem Durchschnittsafrikaner fast 18 Prozent seines monatlichen Einkommens. An dieser Stelle greift die im März 2016 eingeführte Sliide-App, die, um dem afrikanischen Markt Rechnung zu tragen, eigens für ältere und leistungsschwächere Smartphones entwickelt wurde: Wer sie herunterlädt, bekommt neben Nachrichten auch gesponserte Inhalte auf den Sperrbildschirm seines Smartphones geschickt. Im Gegenzug erhalten die Nutzer Gratisdaten. Durch die Teilnahme an Umfragen und anderen Aufgaben lässt sich das Datenvolumen zusätzlich erhöhen. Für die Werbetreibenden ist die App wiederum interessant, weil sie hilft, Einsichten über den afrikanische Markt zu gewinnen.

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    Jetzt, in der wärmen Jahreszeit, schmilzt sie schnell dahin: Schokolade. In Togo, wo man an heiße Temperaturen gewöhnt ist und gewaltige Mengen des Schokoladenrohstoffs Kakao angebaut werden, hat eine kleine Kooperative von Studenten und Kakaobauern eine die Lösung gefunden: Eine Schokolade, die nicht so schnell die Form verliert und selbst bei 35 Grad Celsius noch knackig fest sein soll. Freilich ist der Genuss mit einem Kakaoanteil von 60 bis fast 100 Prozent (je nach Sorte) eher für Feinschmecker als für Zuckerjunkies – dafür eignet sich die Schokolade der in Togos Hauptstadt Lomé ansässigen Kooperative Choco Togo perfekt für Szenarien, die ohne Kühlung auskommen müssen – etwa für Straßenmärkte. Dahinter verbirgt sich mehr als eine süße Revolution.

    Obwohl Afrika rund drei Viertel des globalen Kakaoanbaus bestreitet, wurde auf dem Schwarzen Kontinent bislang keine Schokolade produziert – obwohl das der mit Abstand lukrativste Teil der Wertschöpfungskette ist. Der Kostenanteil des Rohkakaos an einer Tafel Vollmilchschokolade beträgt je nach Exportland gerade einmal zwischen 3 und 4 Cent. Da Kakao überwiegend von Kleinbauern mit wenigen Hektar Land angebaut wird und die Erträge mangels kostspieliger Düngemittel mager sind, kommen die Erzeuger kaum über die Runden. Choco Togo ist der Versuch, ein größeres Stück von der Tafel im Land zu behalten. 1500 Kleinbauern produzieren für die Kooperative, 40 Frauen verarbeiten die Rohware in Handarbeit zu Schokolade in Bioqualität – und das für Löhne, die eine echte Lebensperspektive bieten.

    Auf dem europäischen Markt hat sich die Schokolade der 2013 gegründeten Manufaktur zwar noch nicht etabliert, aber dass die hitzebeständigen Tafeln auch hierzulande ihre Fans gewinnen könnten, deutete sich jüngst auf der Brüsseler Schokoladenmesse an. Binnen eines Tages verkaufte Choco Togo die gesamte Charge – für faire 1,50 Euro pro 80-Gramm-Tafel.

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    Im richtigen Leben zählen praktische Lösungen oft mehr als hochkomplexe Innovationen. Mit einem rollenden Fass haben die südafrikanischen Ingenieure Pettie Petzer und Johan Jonker den Alltag von Hunderttausenden Frauen und Kindern verändert. Petzer und Jonker haben eigenem Bekunden nach nichts weiter getan, als „zwei und zwei zusammenzuzählen – und herausgekommen ist der Hippo-Roller“.

    Dies ist das Problem: 1,2 Millionen Afrikaner leben in Gegenden mit extremer Wasserknappheit. Frauen verbringen bis zu ein Drittel ihrer Lebenszeit mit Wasserholen, Kinder laufen jeden Tag mehrere Stunden bis zur nächsten Quelle oder dem nächsten Brunnen, um Wasser zum Trinken, Kochen, Waschen zu holen. Zeit, die die Kinder weder zum Lernen noch zum Spielen und die Frauen weder für die Gartenarbeit noch einen Nebenerwerb nutzen können. Für Touristen ist es ein faszinierender Anblick, wenn die Frauen mit 20-Liter-Eimern voll Wasser auf dem Kopf über die Savanne schreiten. Für die Frauen ist es pure Qual.

    Dies ist die Lösung: Petzer und Jonker haben ein verstärktes Polyethylenfass mit einem versenkten Deckel und einem Stahlgestänge versehen. 90 Liter Wasser kann eine Person darin auch über unwegsames Gelände nach Hause rollen – genug Wasser für eine fünfköpfige Familie für drei Tage. Ein Fass hält etwa fünf Jahre. Rund 50 000 Hippo-Rollers sind bisher gebaut worden. Für 125 Dollar werden sie von Sponsoren gekauft und verteilt.

    Zusatzbonus: Die Roller werden eng gepackt in Einzelteilen geliefert und vor Ort von Dorfbewohnern zusammengebaut. Zu einem fairen Lohn.

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    Viele Innovationen, die derzeit aus Afrika kommen, sind keine technologischen Erfindungen. Sie verwenden vielmehr bestehende Technologie und nutzen sie neu, um Lösungen für alltägliche Probleme zu finden. Eine der nachhaltigsten ist der 2008 gegründete und im kenianischen Silicon Savannah angesiedelte Mappingdienst Ushahidi.

    Ushahidi heißt so viel wie Augenzeuge. Der IT-Experte Eric Hersman und die kenianische Rechtsanwältin Ory Okolloh haben die App entwickelt: Zeugen speisen Informationen zu Korruption und Seuchen, aber auch und gerade zu gewaltsamen staatlichen Übergriffen auf einer Google-Maps-Karte ein – etwa bei den Unruhen in Kenia nach den Wahlen im Jahre 2008. Innerhalb weniger Stunden verwandelte sich damals selbst das junge Silicon Savannah in ein Schlachtfeld. Mehr als 1500 Menschen starben in Kenia. Und die Welt wurde in Echtzeit informiert.

    Ushahidi stellt die kostenlose Software zur Verfügung, mit der interaktive Katastrophenkarten erstellt werden. Opfer, Beobachter oder Helfer verschicken per E-Mail oder SMS Lageberichte, die Software zeigt diese als Ereignis auf einer Landkarte an. Die meisten Sponsoren haben sich an Ushahidi beteiligt, weil sie die politischen Aspekte des Projekts interessierten. Heute gibt es im Internet rund 45 000 Karten, die auf Ushahidi fußen. Die UN und internationale Rettungsdienste setzen die Software weltweit ein. In Mazedonien nutzt sie etwa die Organisation Transparency Watch, um Korruption zu protokollieren. Auch die von dem Taifun „Haiyan“ auf den Philippinen angerichteten Schäden konnten Wissenschaftler in einer Ushahidi-Karte akkurat zusammenführen – und auf dieser Grundlage Vorsorgekonzepte entwickeln.

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